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Katka Räber-Schneider, Schriftstellerin
Rede zur Ausstellung Galerie plots art, Grenzach, 2014

Ich begrüsse alle an diesem sommerlichen Tag, der auch draussen in der Natur die Bilder von Barbara Peyer in natura weiter wuchern lässt.

Ich nehme an, die meisten von Ihnen / von Euch kennen Barbara und wissen, dass sie eine unermüdliche Künstlerin ist, die sich ihr ganzes Berufsleben lang schon mit den Farben dieser Welt, mit deren Leuchtkraft im Licht, mit der Fülle unserer Sinneseindrücke beschäftigt, die sie dann auf ihre unverkennbare Weise zu stilisierten Landschaften und Menschendarstellungen umsetzt. Und dies macht die Künstlerin genau so intensiv, so herz- & augenerfüllend wie sie eben auch lebt, wie sie auch als Frau, als Freundin, als Tochter, Beobachterin, Reisende und Gestaltende wirkt.

Barbara Peyer malt mal ganz grosse Bilder auf Leinwand oder auch auf Papier, dann aber auch kleinere, also in verschienen Formaten, aber immer bunt, man erkennt ihre leuchtenden Farben und auch ihre Handschrift. So wie einst Yves Klein sein Ultramarin-Blau kreierte und anwendete, so lassen sich Barbara Peyers Farben erkennen. Auch diese haben eine intensive Leuchtkraft, ein klares, starkes Blau, kombiniert mit sanften Hellblautönen, und ebenfalls eine für mich unverkennbare Bordeaux-Farbe in mehreren Abstufungen oder ein gebrochenes Violett. Dazwischen dann gelegentlich ein sattes, eigenwilliges Lila, das ins dunkle Pink geht, kein realistisches aus der Alltagswelt, wie auch die anderen Farben aus der Phantasievielfalt der Künstlerin stammen. Die Grün-Töne sind ebenfalls stark, kräftig, im Kontrast oft mit einem sonnigen Gelb, das alle Abstufungen von Orange widerspiegelt. Diese Farben tun dem Geist gut, ihre Leuchtkraft weckt die Sinne und setzt sich mit ihrer Eigenwilligkeit durch im Alltag.

An der Berner Schule für Gestaltung, wo Barbara Peyer studierte, wurden meist Tuben-Acrylfarben benutzt. Sie trocknen schnell, aber für Barbara haben sie anschliessend ihre Leuchtkraft eingebüsst und entwickelten – wie sie sagt – eine plastikartige Wirkung. Deshalb begann sie schon früh mit den Farben zu experimentieren und verschiedene Farbtechniken zu studieren. In Deutschland machte Barbara beim weltweit anerkannten Fachmann für Fragen, bei Georg Kremer, ein Praktikum und lernte die Geheimnisse und alten Rezepte für die Grundierung und anschliessend für das Malen mit Pigmenten.

Barbara grundiert die Leinwände zunächst mit einer Mischung aus Knochenleim, Zinkweiss und Kreide. Darauf malt sie dann mit Eitempera, die sie aus Ei, Leinöl und Pigment mischt, eine Skizze. Die Farben sind dicht und matt und gewähren der Künstlerin viel Freiheit als Untergrund. Darauf erst wird mit Ölfarben entweder aus der Tube oder selber gemischt aus Pigmenten und Mohnöl das Bild gemalt. Barbara Peyer experimentiert mit neuen Oberflächen, um weitere Dimensionen im Bild zu öffnen, indem sie auch mal Lackfarben benutzt oder zwischendurch auch Blattgold einsetzt. Das alles ermöglicht eben diese paradiesische Fülle, die stark und dicht und überraschend wirkt. Und das ist genau das, was Barbara mit ihrer Kunst den Betrachtenden geben möchte: angeregt durchs Leben, Energie und Fülle einfangen und rückwirkend und umgewandelt als Dialog den Betrachtenden anbieten. In der Kunst konfrontiert sich die Künstlerin mit sich selber, mit ihrer Kraft und Energie, und diese gibt sie dann als Anregung, als Spiegel und Kraft weiter.

Barbaras Bildern wohnt ein Geheimnis bei. Sie sagt: „Ich versuche in dem, was ich darstelle, möglichst viele Interpretationen (einer Geschichte) dem Betrachter offen zu lassen. Ein Versuch „Das Nicht-Gesagte“ hinter dem „Gesagten“ anklingen zu lassen.“

Die Sujets  

Nach einer Ghanareise, die Barbara Peyer vor einigen Jahren unternahm, fing die Künstlerin an auch auf grosse Papierbögen zu malen. So begann ihre Suche nach mehr Leerraum, der die Bilder atmen lässt, und immer wieder auch fragmentarische Stellen aufweist. Die Seele soll berührt werden, aber nicht mehr nur durch die Dichte und Wucht der Erlebnisse und optischen Eindrücke, sondern Barbara Peyer strebt immer mehr eine Synthese aus Verdichtung nur angedeuteter Räume an. Wir werden als Betrachter und Betrachterinnen herausgefordert in Sachen Bildinhalte, die in geheimnisvollen, unterschiedlich deutbaren Geschichten münden. Und gleichzeitig wird uns auch Ruhe angeboten in diesen Bildern. Sie öffnen sich immer mehr dem Leben, das so geheimnisvoll ist und so vielschichtig, ähnlich den Bildern von Barbara.

Wer sich auf das Abenteuer dieser Bilder einlässt, wird mitgetragen in eine ferne Welt, so als würde man eine weite Reise unternehmen mal in exotische Länder, mal in den Dschungel, wo fremdländische Pflanzen, Lianen und riesige Blüten wachsen, wuchern, in verschiedenen Farben. Ein andermal begegnen wir z.B. einer üppigen Frau auf einem farbigen Badetuch, so als würde sie in einer Lagune im oder sogar auf türkisblauen Wasserwellen liegen, ja schweben – bequem, zufrieden, entspannt, und unter ihr wachsen farbige Seerosen und andere, riesige, eher exotische Blumen. Es sind surreale Bilder voller Charme & oft auch Schalk und Humor, mit dem Paradoxon, als hätte gelegentlich auch ein wissendes Kind die Formen mitgestaltet. Die Symbolkraft ist gross und drückt neben der farbigen Lebensfreude immer wieder auch viel Sehnsucht und Melancholie aus. Das reife Wissen, dass das Paradies eben auch ein Wunschtraum bleibt und oft nicht erfüllbar ist. Bilder eines erdachten Paradieses, die Farben wild und manchmal poppig, von den Sujets gelegentlich entfernt an den französischen „Douanier“ Henri Rousseau erinnernd. Dieser ebenfalls eigenwillige Maler beeinflusste Ende des 19. anfangs des 20. Jahrhunderts stark die moderne Kunst, indem er Traumdarstellungen von erdachten Urwäldern einfing. Auch Barbara Peyers Bilder entstammen einer eigenen, inneren Welt und sind einerseits floral, stilisiert, ornamental, traumartig expressiv, aber im Gegensatz zu Rousseau nie unheimlich oder bedrohlich. Sie sind hingegen immer geheimnisvoll, anziehend, irgendwie paradiesisch und melancholisch unerreichbar zugleich. Man möchte in sie hineintreten, in sie hineinreisen, die Gegend erkunden, für sich erobern, sich an den Traumorten inspirieren lassen.

Neben der reinen Vegetation erscheinen manchmal auch Vögel, Katzen, Fische oder andere Kleintiere auf den Bildern, expressiv in unwirklichen Farben, stilisiert und doch lebensnah (wie wir auch auf der Einladungskarte sehen). Und immer wieder Frauen, oft in Kleidern aus buntbedruckten Stoffen, oder nach einer Afrikareise von Barbara (eben nach Ghana) auch schwarze, afrikanische Menschen, grossflächig und ernst. Sowohl die Afrikareise, wie auch Barbara Peyers wiederholten Aufenthalte in Georgien, letztes Jahr dann auch in Usbekistan haben eindrückliche Spuren in ihrer Malerei hinterlassen. Die Figuren erscheinen oft in absurden Situationen, was den Bildern neben der optischen Anziehungskraft auch Humor verleiht. Welch ein anregendes Spannungsfeld zwischen der unerfüllten Sehnsucht und dem Schalk!

Nach einer der ersten von vielen Georgienreisen wurde zeitweise Barbara Peyers Stil zum Teil – wie ich finde – durch den auch international anerkannten Maler Niko Pirosmani (Pirosmanishwili) beeinflusst, – der zur Jahrhundertwende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert figurativ, flächig, ein wenig hölzern, unrealistisch in den Grössenverhältnissen, und doch eindrücklich das Volksleben Georgiens festhielt. Zu Pirosmani sagte Barbara Peyer: „Er war für mich eigentlich der Ausschlag zur figurativen Darstellung. Ich habe vorher lange Zeit abstrakt gemalt mit viel ornamentalen, floralen Elementen. Hatte dann Lust auf Geschichten und Menschen. Wollte diese aber nicht realistisch darstellen. Pirosmani hat mich so angesprochen, weil er die Menschen in ihrem Wesen und mit Herz darstellt. So etwas habe ich gesucht. Es sind Figuren, die symbolisch für etwas stehen.“

Manchmal erinnern auch manche ihrer Bilder an Marc Chagalls Traumgestalten.

Barbara Peyers Bilder tragen das Herz in sich.

Entdecken sie in Barbara Peyers Bildern eben das Nicht-Gesagte, das vielschichtig Gedachte im Gemalten. Lassen Sie sich verleiten zu diesem sinnlichen Abenteuer, viel Spass Ihnen allen und viel Erfolg, Barbara. 

Katka Räber-Schneider

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